Beitrag zum Hiroshima-Tag 2003 an der Münchner Freiheit:

Liebe Friedensfreunde und Friedensfreundinnen,

bevor ich einige Worte zu den aktuellen Entwicklungen sage, besonders was die sogenannten „Mini-Nukes“ oder Kleinst-Atombomben angeht, möchte ich ein Gedicht von Nazim Hikmet vorausschicken, das mich sehr beeindruckt hat - nicht zuletzt, weil ich auch ein Mädchen in diesem Alter habe:

DAS KLEINE TOTE MÄDCHEN

Ich klopf an Deiner Tür an,
- bei wie viel Türen ich schon war! –
Wenn mich auch keiner sehen kann
Denn die Toten sind unsichtbar.

Ich lebte in Hiroshima.
Das ist 58 Jahre her.
Jetzt bleib ich für immer sieben Jahr.
Tote Kinder wachsen nicht mehr.

Zuerst fing das Feuer mein Haar,
dann sind mir die Augen verbrannt,
die Hände -, mein Blut ist verdampft.
Bis ich nur mehr Asche war.

Nichts Liebes mehr tun könnt ihr mir.
Nichts. Nichts. Ihr müsst bedenken,
ein Kind ist verbrannt wie Papier.
Ihr könnt ihm nichts mehr schenken.

Leis` klopf ich an Eure Türen
Gebt mir Eure Unterschrift
Dass es nie mehr Kinder trifft,
Dass nie mehr Kinder verbrennen,
und dass sie Bonbons essen können.


Wir sind heute auch hier, damit in Zukunft alle Kinder weiter Bonbons essen können. Denn gerade in den letzten Jahren und Monaten werden Überlegungen angestellt, die nicht nur das Moratorium zum Testen von Atomwaffen aushebeln möchten, sondern Nuklearwaffen wieder in den Krieg einführen und damit zum Mittel der Politik machen wollen.

Nach der Katastrophe der Zerstörung der Twin Towers in New York wurden in den USA entsprechende Pläne laut.

Im Zuge der Angriffskriege gegen Afghanistan und den Irak forderten die Rechten, also weite Kreise der Republikaner in den USA, Atombomben gegen Tiefbunker einzusetzen oder besagte Mini-Nukes als taktische Gefechtsfeldwaffe:
Erste Gelder wurden schon bereitgestellt zur Entwicklung dieses neuen Waffentyps.
Dass dies alles dem Geist und der Satzung des Nichtverbreitungsvertrags bezüglich Atombomben widerspricht, kümmert offenbar niemanden mehr.

In dem von Präsident Bush angekündigten „lang andauernden Terrorkrieg“ droht er weiter mit einem Erstschlag gegen Staaten, die keine Atomwaffen besitzen und erhöhte die Rüstungsausgaben auf 379 Milliarden US-Dollar im nächsten Jahr.

Anstatt weltweite Bündnisse zur Bekämpfung von Elend und Armut in der Dritten Welt zu schaffen, kommt aus den USA ein anderes Signal:
Wir werden Kriege führen und gewinnen!

In Bezug auf die neue Atombewaffnung fragte der demokratische Senator Edward Kennedy als Gegner zu recht:

Dies alles ist Absurd! Wenn wir sie wirklich bauen, werden sie auch eingesetzt werden.“

Senator Jeff Sessions von den Republikanern meinte dagegen, dass die USA die Verantwortung hätten, diese Welt zu lenken und - ich zitiere: „Wir wären kein guter Führer, wenn wir die Führerschaft nicht in allen Bereichen behalten wollten, das nukleare Waffenarsenal eingeschlossen.“

Wir von der Friedensbewegung meinen dagegen – und Horst Eberhard Richter bringt es auf den Punkt:
Dies ist die atomare Erpressung der ganzen Welt, denn sie bedroht jedes Land mit Gewalt, das die Übermacht der USA gefährdet.

Und auch Deutschland ist hier involviert:
Das 33. Deutsche Tornadogeschwader in Büchel hat Teil am NATO-Nuklearwaffenkontingent. Unser Kriegsminister Struck rechtfertigt dies mit einer zunehmenden Bedrohung durch unberechenbare Staaten mit Atomwaffen.

Liebe Friedensfreunde, mehr als makaber finden wir auch, dass ausgerechnet heute, am 58. Jahrestag des Abwurfs der 1. Atombombe Vertreter des Pentagon und des US-Energieministeriums auf einer Militärbasis in Nebraska beraten, ob Mini-Nukes gebaut werden sollen und deren Auswirkungen auf das Atomtestmoratorium.
Und - ganz nebenbei hat Herr Bush auch in aller Stille das einzige unabhängige Prüfungsorgan USamerikanischer Atomwaffenpolitik (NNSA) – aufgelöst.

Zum Schluss noch einmal Eberhard Richter von den Ärzten gegen den Atomtod IPPNW:

Es gibt auf der Welt nur eine gemeinsame Sicherheit in einem Geist der Ebenbürtigkeit und Gleichberechtigung der Menschen und Völker in einer gerechten Globalisierung . Der Kampf für dieses Ziel muss verstärkt werden. Die Millionen in allen Kontinenten, die am 15. Februar gegen die Irak-Invasion aufgestanden sind, beweisen, dass eine große Mehrheit hinter der Friedensbewegung steht. Diesen unseren Willen müssen wir wach halten und damit den gewählten Verantwortlichen noch viel mehr Druck machen als bisher.

Vielen Dank

Reinhard Böttger, Schwabinger Friedensinitiative