Frieden braucht Bewegung: Stadtteilspaziergang

Einleitungstext zum "Stadtteilspaziergang"  (Ursula Epple)


In ganz Deutschland gibt es insgesamt mehr als 1.457 Bundeswehr-Liegenschaften mit mehr als 33.000 Gebäuden. Damit wird eine Gesamtfläche von über einer viertel Million (263.000 )  Hektar verwaltet. Das entspricht etwa der Fläche des Saarlands. oder mehr als 369.000 Fußballfeldern. Stand: November 2019. Während unmittelbar nach der Wende viele Liegenschaften der Bundeswehr in zivile Nutzung übergeben wurden, ist dieser Trend inzwischen rückläufig. Viele Anlagen, die zum heutigen Zeitpunkt schon geschlossen sein sollten, werden nun, bis teilweise in die dreißiger, Jahre nicht wie vorgesehen für zivile Zwecke freigegeben. In Planung sind aber der Bau neuer Gebäude und die Renovierung der vorhandenen.

In München stellte die Stadt im Jahr 2013 in ihrem Stadtentwicklungsplan acht Bundeswehrflächen oder Kasernen vor, die vom Bundesamt für Immobilienangelegenheiten freigegeben bzw. abgekauft wurden und die die Stadt in der Folge zu Wohngebieten umgestaltet hat bzw. noch dabei ist. Städtebaulich ist die Umgestaltung eines ganzen Quartiers ein fortschrittlicher Ansatz im Wohnungsbau. Insoweit war es ein glücklicher Zug der Stadt München, diese Liegenschaften übernommen zu haben. Allerdings gibt es nach wie vor viele militärische Liegenschaften in unserer Stadt, z.B. die Bundeswehrhochschule um nur eine zu nennen. Nicht umsonst gilt Südbayern als eines der größten Militär- und Rüstungszentrum Deutschlands und der EU.
Zwei dieser Immobilien wird die BIFA heute besuchen, das Kreativquartier und den Ackermannbogen.
Aus der ehemaligen Waldmann- und Stettenkaserne, wo u.a. das Verwaltungsgebäude der Bundeswehr untergebracht war, entstand der Ackermannbogen. Seit den 1930 er Jahren wurden die dortigen Flächen und Gebäude militärisch genutzt, 1955/56 von der Bundeswehr übernommen und bis 1994/95 genutzt. Die Landeshauptstadt München erwarb das Areal am 01.09.2004.
Datum der Freigabeerklärung 01.03.1995 (Stettenkaserne)/ 25.07.1996 (Waldmannkaserne).
Aus dem Gelände um die Luitpoldkaserne entstand das Kreativquartier.  Davor nutzte die Sanitätstruppenschule der Bundeswehr die Kaserne bis 1957. Die militärische Nutzung auf dem Nordteil wurde im Juni 2000 beendet. Der Südteil wurde zum 31.12.2007 freigegeben.
Datum der Freigabeerklärung 31.12.2006.
Für die BIFA stellte sich die Frage warum die Bundeswehr die Kasernen nicht mehr benötigte und wo die Soldaten geblieben sind. Hier einige Antworten darauf.

Was ist aus den Soldaten geworden?
Zwei Punkte spielen hier eine Rolle. Einmal die Strukturreform und die Strategieänderung der Bundeswehr nach 1991. Manche sprechen in diesem Zusammenhang vom Umbau der Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee zu einer Aggressions- und Interventionsarmee. Damit einhergehend änderten sich die Einsätze. Die Entwicklung des Internets, die Öffnung des Weltraumes und die Teilnahme an internationalen Kriegseinsätzen erforderten eine neue Herangehensweise. Deutsche Bodentruppen spielen bei der heutigen Kriegsführung keine große Rolle mehr, also braucht es auch weniger Soldaten und weniger militärischen Drill.
Dann wurde 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt und auch damit hat sich die Zahl der Soldaten verringert. Im Jahr 1956 gab es bundesweit 7700 Soldaten, die Zahl erhöhte sich dann mit der Einführung der Wehrpflicht auf rund eine halbe Million und nach der Wende kamen 76000 Soldaten der NVA dazu.
Bundeswehr in Zahlen: siehe BMVg
Derzeit sind 265 000/18400 Männer und Frauen bei der Bundeswehr beschäftigt, in Uniform und zivil (Quelle: BMVg P I 1, Stand: April 2021).
27659 Streitkräftebasis, 14303 Cyber- und Informationsdienst, 5400 Studierende an den Bundeswehruniversitäten Hamburg und München. Für die Studierenden an der BW-Uni oder den Wissenschaftlern die im Cyber- oder Informationsdienst arbeiten oder in der Logistik ist eine Unterbringung in Kasernen nicht erforderlich.
Bei militärischen Einsätzen liegen die heutigen Schwerpunkte auf der Unterstützung aus dem Luftraum und bei Marineeinsätzen, diese hauptsächlich im Mittelmeer oder zur Sicherung der Handelswege in Meerengen.
Relativ neu dazugekommen ist die Vermeidung bzw. Durchführung von Cyberangriffen und der Weltraumschutz. Im Herbst soll eine EU-Gesetzesiniative verabschiedet werden, das „Anti-Coercion- Instrument“ Instrument gegen den Zwang und es soll ein EU Resilience Office geschaffen werden, eine Zentrale für das Führen/Vermeiden von Wirtschaftskriegen durch. Hier geht es um Sanktionen und Zölle, um Wirtschaftskrieg. Die Bundeswehr ist damit nicht unmittelbar im Spiel, es geht hier darum aufzuzeigen, weshalb Kasernen frei werden.
Neuerdings hat die Bundeswehr auch ein Weltraumkommando, das soll Satelliten überwachen und auch Weltraumschrott.  Damit gibt es jetzt die Dimensionen Land, Luft, See, Cyberspace und Weltraum. Für die beiden letztgenannten Dimensionen braucht man kein Heer sondern Spezialisten.
Bereits seit 1959 war die Bundeswehr im Ausland im Einsatz, insgesamt brüstet sie sich damit in über 50 Ländern gewesen zu sein. Trotz dem Rückzug aus Afghanistan ist die Bundeswehr in zahlreichen Einsätzen, in Ländern wie Mali, Litauen oder auf dem Meer z.B. mit der Fregatte Bayern mit Kurs chinesisches Meer wo sie bis zum Frühjahr 2022 bleibt.
Wenn Soldaten aus dem Auslandseinsatz zurückkommen haben sie Anspruch auf eine mehrwöchige Rehabilitation in einem Reha-Zentrum.
Dieser kurze Text soll verdeutlichen, dass die Kasernierung keine große Rolle mehr beim Militär spielt und auch die Bürokratie braucht weniger Platz und wie Corona zeigt, kann vieles auch im sogenannten home office erledigt werden.

Frei gewordene Kasernen sind ein Segen für Städte mit wenig Wohnraum, es bedeutet aber nicht, dass unser Militär friedlicher wurde und Kriege weniger geworden sind.