(Gast-) Blogartikel, alle gemeinsam

Lehrpläne: "Sie sollen erkennen"

Der Lehrplan für Hauptschulen von 1994, bis heute in Kraft, sieht im Gemeinschaftskundeunterricht der Klasse 9 unter Lehrplaneinheit 3 ("Friedenssicherung") vor, dass die Schüler in der Beschäftigung mit einem aktuellen Fall "unterschiedliche Mittel und Wege kennen [lernen sollen], die bei der Lösung zwischenstaatlicher Konflikte und zur Sicherung des Friedens möglich sind. Sie sollen erkennen, daß die Bundeswehr eine parlamentarisch kontrollierte Verteidigungsarmee ist."

Organisierte Gewalt studieren

An der Uni Potsdam wird seit Oktober in Zusammenarbeit mit dem Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr und dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt der Bundeswehr der Studiengang "Military Studies" angeboten. Hier können "Qualifizierte Studierende [werden] im Laufe von vier Semestern die Themenfelder Militär, Krieg und organisierte Gewalt studieren", heißt es auf der offensichtlich durch Werbung finanzierten Homepage des Studiengangs, www.militarystudies.de. Die feierliche Eröffnung des Studiengangs wurde jedoch erfolgreich von etwa 30 Militärkritikern inklusive Clowns Army erfolgreich gestört. Die zehn eigentlichen Gäste mussten statt seiner offiziellen Rede zu lauschen dem Dekan zuschauen wie er mit den Protestierenden verhandelte und diskutierte. Seinen Beteuerungen, es werde eine "kritische Lehre" stattfinden, wurde mit dem Hinweis auf die finanzielle wie auch personelle Abhängigkeit des Studiengangs von der Bundeswehr begegnet.

Gewaltfreier Widerstand vor dem Aus?

AktivistInnen der gewaltfreien israelischen Gruppe Anarchists Against The Wall (AATW) drohen mit der Einstellung ihrer Tätigkeiten. Seit 2003 haben sie an hunderten von Demonstrationen gegen den Bau von Sperranlagen im Westjordanland und die Besetzung palästinensischen Gebietes demonstriert und für die Anliegen der Bevölkerung international Unterstützung organisiert. Im Laufe ihrer Arbeit wurden sie jedoch vom israelischen Staat mit über 63 Verfahren überzogen und haben über 60.000$ für Rechtsbeistand ausgeben müssen. Verschuldet und auch sonst etwas zermürbt haben sie Ende Juli dringend zu Spenden aufgerufen.

Deutschlands größter Männerspielplatz…

…ist nach Aussage der Betreiber die "Panzer-Fun-Fahrschule" im brandenburgischen Steinhöfel, der auch eine private Panzerwerkstatt angegliedert ist. Die Fahrschule bietet nach dreimonatiger Wartezeit und einer kurzen Sicherheitsbelehrung ca. 35-minütige Fahrten mit einem von elf Panzern durchs eigens hierfür gepachtete Gelände. Videos auf der Homepage versprechen allerdings noch mehr, beispielsweise, alte Wohnwägen mit dem Panzer zu überfahren. Geworben wird unter anderem mit folgenden Worten: „Eines dieser 'Eisenschweine' können Sie jetzt selber fahren! Lassen Sie einfach mal die Seele baumeln und machen einfach alles platt, was Ihnen in den Weg kommt.“ Der Fahrer muss über 16 Jahre alt sein, mitfahren dürfen jedoch selbst Kinder. Ein Anwohner des benachbarten Jänickendorf brachte Petitionen gegen den entstehenden Lärm und Dreck im Land- und Bundestag ein, die nun jedoch von den Vertretern der SPD- und CDU-Fraktionen abgelehnt wurden. Die Betreiber, ein ehemaliger NVA-Soldat und späterer Kripo-Beamter und sein Bruder begründen das so: "Wir haben hier aus dem Nichts ein florierendes Unternehmen aufgebaut. Da hängen Existenzen dran". Für den Truppenübungsplatz Münsingen auf der schwäbischen Alb diskutierten der NABU und die Initiative "Pro Münsingen" bereits, nach dem Steinhöfeler Vorbild ebenfalls "Panzer-Safaris" anzubieten.

Militanter Antimilitarismus

Eine Gruppe mit dem Namen "die Unkrekrutierbaren" hat in Victoria (Kanada) Anfang September die Scheiben eines Rekrutierungsbüros eingeworfen - offensichtlich inspiriert durch eine ähnliche Aktion wenige Tage zuvor in Vancouver. Am Morgen des 11.9.2007 blockierten AktivistInnen die Zufahrt zum Waffenkonzern BAE Systems in Manchester. Die Angestellten wurden über Flugblätter aufgerufen, sich spontan Urlaub zu genehmigen. Drei Menschen, die versucht haben sollen, in Brandenburg/Havel drei Bundeswehr-LKWs auf dem Gelände der Herstellerfirma MAN anzuzünden sitzen in Deutschland weiter in Haft. Ihnen wird von der Bundesanwaltschaft vorgeworfen, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung zu sein. Entsprechend gewalttätig verlief ihre Festnahme und entsprechend schlecht sind ihre Haftbedingungen. Die Verhaftung eines Wissenschaftlers unter der selben Anschuldigung, der sich mit einer der Betroffenen Personen getroffen hat und Wörter wie "Imperialismus" in seinen Publikationen verwendet, hat weltweiten Protest und Verwunderung hervorgerufen. Das BGH prüft gegenwärtig die Anwendbarkeit des Anti-Terrorismus-Paragraphen 129a auf politisch motivierte Brandstiftungen.

Bundeswehr weggetreten

Im August wurden Werbeveranstaltungen der Bundeswehr in Düren und Düsseldorf, im Folgemonat erneut in Düsseldorf, Berlin, zweimal in Köln und auch in Duisburg gestört. Zudem wurde ein Besuch des Bundeswehr-Infomobils beim Bertolt-Brecht-Berufskolleg in Duisburg abgesagt, nachdem ein spontanes Bündnis mit Hinweis auf den Namensgeber der Schule hierzu aufgefordert hat. Im Zuge der Diskussion wurde allerdings deutlich, dass es an der Schule bereits seit längerem regelmäßige Unterrichtsbesuche durch Wehrdienstberatungsoffiziere gibt.

Bangladesch - Ausnahmezustand konkret

Nachdem die Anstehenden Wahlen in Bangladesch im Januar 2007 zu Unruhen führten, legte Präsident Iajuddin Ahmed sein Amt nieder, verkündete den Ausnahmezustand und gab die Macht an den früheren Zentralbankchef Fakhruddin Ahmed weiter, der seit dem eine Übergangsregierung - faktisch eine Militärdiktatur - führt. Diese hat mittlerweile über 160 hochrangige Politiker sowie die Spitzenkandidatinnen der größten Parteien und über 100.000 Bürger festgenommen, bei diesen Zugriffen starben mindestens 50 Menschen.
Am 20.8.2007 entzündeten sich erneut breite Proteste gegen die Übergangsregierung. Anlass war ein Militärposten auf dem Campus der Universität in Dhaka. Dort stationierte Soldaten hatten am Rande eines Fußballspiels zwischen zwei befreundeten Instituten drei Studenten und einen Dozenten verprügelt und schwer verletzt. Am Abend demonstrierten daraufhin tausende Demonstranten gegen den Militärposten und gegen die Regierung insgesamt. Die Polizei reagierte gewalttätig, die Bevölkerung, die in den vorangegangenen Monaten unter rapide steigenden Lebensmittelpreisen litt, schloss sich in großer Zahl den Protesten an, die mehrer Tage andauerten. Die Regierung reagierte mit einer Ausgangssperre in Dhaka und fünf weiteren Städten, in denen ebenfalls Unruhen ausbrachen. Selbst das EU-Parlament verurteilte die Gewalt, mit der gegen die Proteste vorgegangen wurde, die zu mindestens 400 Verletzten und drei Toten führte.

Waffen für den Widerstand?

Aufgrund einer Protestnote der türkischen Regierung vom Juli ist nun die umstrittene US-Söldnerfirma Blackwater in den Verdacht geraten, amerikanische Waffen auf dem irakischen Schwarzmarkt an die kurdische PKK verkauft zu haben, zwei Mitarbeiter sollen bereits Geständnisse abgelegt haben. Doch auch offizielle Stellen schlampen beim Handel mit Waffen. Laut dem Internationale Netzwerk zu Kleinwaffen (IANSA) gelten annähernd 200.000 Schusswaffen (ca. 110.000 AK47-Gewehre und etwa 80.000 Pistolen) offiziell als verschwunden, da sie bei der Ausgabe nicht registriert wurden. Das Pentagon könne keine Angaben darüber machen, in wessen Händen sich die Kriegswaffen heute befänden. Dies soll nun anders werden, wenn die irakische Armee mit 100.000 M-4 und M-16 Sturmgewehren ausgerüstet wird. Bleibt jedoch die Frage, was dann mit den ausgedienten Kalaschnikows passiert, die gegenwärtig noch von den irakischen Soldaten genutzt werden.
Die deutsche Bundesregierung hat sich hingegen bei der Lieferung von Schusswaffen und Panzerfäusten dem Prinzip "Neu für Alt" verpflichtet, bei Waffenlieferungen in Staaten außerhalb EU und NATO müssten demnach die Empfängerländer nachweisen, im Umfang der Lieferung Altwaffen vernichtet zu haben. Obwohl die Regierung hierfür Finanzmittel bereitstellt, konnte sie auf eine kleine Anfrage hin keinerlei Angaben machen ob und wann diesem Prinzip bisher Folge geleistet wurde (BT-Drucksache 16/5716).

Streik in Kinshasa

Die lokalen Mitarbeiter der UN-Mission MONUC in der DR Congo sind am 23.08.2007 in den Streik getreten. Viele von ihnen arbeiten als Tagelöhner seit Jahren für die UN, ohne je einen Vertrag bekommen zu haben und beispielsweise im Krankheitsfall abgesichert zu sein. Am folgenden Tag fanden auch in Goma, Kisangani, Bukavu und weiteren Städten des Landes Versammlungen der lokalen MONUC-Mitarbeiter statt. In Kinshasa versammelten sich diese vor dem Hauptquartier der MONUC, dessen Eingang durch Soldaten gesichert wurde. Drinnen ging allerdings das Licht aus: Während einem der regelmäßigen Stromausfällen fiel der Generator des Hauptquartiers aus, da sich das Wartungspersonal im Streik befand, wurde der Fehler nicht behoben. Am Montag (27.08.2007) nahmen die Streikenden die Arbeit wieder auf, über eine Verbesserung ihrer Arbeitssituation soll jedoch weiter verhandelt werden.

"Große Geste für Europa"

In Anwesenheit des deutschen Verteidigungsministers Jung und des Generalinspekteurs der Bundeswehr fand anlässlich des französischen Nationalfeiertags am 14.6.2007 wie jedes Jahr eine große Militärparade statt. Neu war dieses Jahr jedoch, dass auf Einladung des neuen französischen Präsidenten Sarkozy Soldaten aus allen 27 EU-Mitgliedsstaaten daran teilnahmen. 800 Soldaten aus dem "befreundtetn Ausland" führten die Parade vor 4000 französischen Kräften an. Deutschland war mit der Luftlandebrigade 26 sowie zwei Tiger-Kampfhubschraubern, die mit ihren französischen Pendants in Formation flogen, beteiligt. EU-Kommissionspräsident Barroso sprach anlässlich des Militärspektakels von einer "großartigen Geste für Europa".

Inhalt abgleichen