Libyen - wie solidarisch?

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Angesichts der ziemlich (nicht ganz - immerhin!) gleichgeschalteten Medienlandschaft ist die Argumentation der Friedensbewegung wichtig wie eh und je, aber natürlich weder einfach noch selbstverständlich.


wie, solidarisch?

gemeint ist hier: Wie in Tunesien und Ägypten (mit zunächst ungeahnten Erfolgen), gilt das massenhafte Engagement auf der Strasse als große Erungenschaft, und dem sehen wir uns solidarisch verbunden.

Nur: Anders als in den beiden Fällen wurde in Libyen die 'Revolution' von NATO-Staaten 'gekidnappt', der Bürgerkrieg eskaliert, das Land mit militärischer Übermacht brutal verwüstet, die Zahl der Opfer vervielfacht, und so ist zu befürchten, die Perspektive entscheidend verdunkelt.

Solidarität muß hier vor allem heißen: Protest gegen die Ursurpation durch "den Westen", Verantwortliche für die Opfer zur Rechenschaft ziehen, Wiedergutmachung ...



Der militärische "Sieg" der NATO mag momentan die Bombardements beenden, aber die Opfer, die Zerstörung und die Spaltung des Landes bleiben.

Zunächst - wo informieren?

Eine gute und relativ konzentrierte Linksammlung wichtiger Texte dazu gibt es z.B. beim Labournet (Empfehlung!)

Ausführlicher die Archivierung bei der "AG Friedensforschung" (Friedensratschlag) - die akademischen Anfänge sind in der umfangreichen weltweiten Gliederung erkennbar.

Eine wesentliche Rolle spielt mit ihren Analysen auch hier die Informationsstelle Militarisierung (IMI).

Bemerkenswertes Aktuelles Beispiel:
Update: Der "Bundesausschuß" hat geantwortet, und beim kommenden Friedensratschlag wird die Debatte "Life" geführt!

Es gibt (bereits vom 22. August) eine Presseerklärung des Friedensratschlags, die zutreffend die Entwertung der UNO konstatiert und natürlich die Kritik an der verheerenden NATO-Politik ausführt:
http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Libyen/baf4.html

Allerdings - dann kommen auf einmal "Blauhelme" ins Spiel ...

Christoph Marischka (IMI) hat näher hingeguckt, er beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit Afrika, und in diesem Punkt ist er ganz anderer Meinung:
http://www.imi-online.de/2011.php?id=2342

... "Eine solche Forderung von Seiten der Friedensbewegung ist hochproblematisch.

Ihr liegt zunächst die ganz grundsätzliche Annahme zugrunde, dass Soldaten prinzipiell die Bevölkerung eines anderen Landes vor weiterem Leid schützen könnten und nicht etwa weiteres Leid über die Bevölkerung bringen würden. Für diese Annahme gibt es jenseits einer in mehrfacher Hinsicht singulären Konstellation keinerlei historische Evidenz und keinen Anlass. Zugleich ist diese Annahme geeignet, die Existenz stehender Heere und die diese kontrollierenden und unterhaltenden politischen und wirtschaftlichen Strukturen zu legitimieren. Dennoch muss man sich solidarisch mit solchen Positionen auseinandersetzen, welche den Einsatz der Streitkräfte im Einzelfall und unter genau bestimmten Voraussetzungen für wünschenswert halten. ..."

Und da ist sie wieder die Debatte, die uns zeigt, wie wichtig für die Friedensarbeit genaues Argumentieren und Kenntnisse statt Wunschdenken gebraucht werden. Bitte die verlinkten Artikel selber nachlesen!

Die BIFA setzt sich mit den eigenen Möglichkeiten in diesem Sinne ein, auch damit die Freunde von der IMI mit ihrer hervorragenden Arbeit eine noch bessere Reichweite bekommen.


Erinnerung: Zu Beginn des Kriegs startete auch eine Verweisliste zu Libyen beim Friedensbündnis, konnte momentan nicht fortgesetzt werden.