Hiroshimatag 2006 München
Am Sonntag, 6, August 2006 veranstaltete das Münchner Friedensbündnis eine politische Gedenkveranstaltung zum Hiroshimatag. Aktuell stand diese Kundgebung natürlich auch im Zeichen der Solidarität mit dem Libanon.
Hier der Redebeitrag von Emmi Menzel (BIFA): ...
Liebe Friedensfreundinnen und –Freunde,
wir gedenken heute Hiroshima und Nagasaki, wo 1945 die grausamsten Anschläge auf die Menschheit verübt wurden. Wir gedenken der Hunderttausenden Toten und Verstümmelten, die den ersten US-amerikanischen Atombomben zum Opfer fielen.
Hiroshima soll der Vergessenheit anheim fallen, damit die USA ungestört eine neue Atomwaffengeneration nach der anderen entwickeln kann, um die Völker nach ihrem Gutdünken zu erpressen und auszubeuten.
Die Atombomben der USA auf Hiroshima und Nagasaki waren nur zum geringsten Teil als Strafaktion gegen den Kriegsgegner Japan gedacht – der Krieg war faktisch zu Ende – sie waren vielmehr die menschenverachtende Demonstrationen der USA gegenüber der Welt, insbesondere gegenüber der SU: Seht her, zu was wir in der Lage sind.
Und das ist die Parallele zur grausamen Gegenwart: Libanon wird zugrunde gerichtet, um Syrien und dem IRAN zu sagen: Seht her, das blüht Euch, wenn Ihr nicht spurt.
Während in unseren Medien die Schuldfrage an den Kriegshandlungen umgedreht wird, während jetzt immer häufiger lanciert wird, IRAN’s Ziel sei es, die Welt zu verändern, sind die westlichen Industrienationen mitten drin, eben dies zu tun. Ich stelle das absichtlich auf eine breitere Basis: denn, wenngleich Israel im Auftrag und mit den Waffen der USA der gegenwärtige Aggressor ist, so sind auch die europäischen Regierungen, d.h. auch die deutsche, nicht bereit, den Krieg Israels zu verurteilen und zu stoppen. Soviel zum zivilisierten Europa!
Der deutsche Außenminister Walter Steinmeier, SPD, kam am 26. Juli von der Nah-Ost-Konferenz in Rom zurück und wiederholte ungeniert die Propaganda Israels und des großen Bruders USA, die libanesische Hisbollah als Bedrohung Israels müsse weg, ehe ein Waffenstillstand eintreten könne. Und um sich in das Gehör der deutschen Bevölkerung einzuschleimen, sagte er, es ginge jetzt auch um Hilfe für die Libanesen, denn es sei auch „Infrastruktur verloren gegangen“. Man muß sich das nochmal anhören: Infrastruktur sei verloren gegangen, nicht zerbombt worden. Welch eine schizophrene Wortwahl!
Das bisherige Verhalten unserer Regierung zu dem Krieg im Libanon ist ungeheuerlich.
Dies erfahren wir nicht nur aus den Medien, die immer mehr ins gleiche Horn blasen, sondern auch durch die Äußerung des israelischen Premiers Olmert, der die Bundeskanzlerin Angelika Merkel als seine beste Freundin bezeichnen kann.
Die Hisbollah ist – ob uns das paßt oder nicht – aus dem Volk heraus entstanden. Sie war außer den libanesischen Kommunisten die stärkste Gruppierung im Widerstand gegen die 18-jährige israelische Besatzung im Südlibanon. Ein berechtigter Widerstand.
Die Hisbollah hat zwei israelische Soldaten gefangen genommen; ein Vorgang, den Israel nahezu wöchentlich in Palästina praktiziert, dort jedoch gleich verbunden mit Exekution.
Wenigstens wir sollten nicht vergessen: Parallel zum Libanon bringen israelische Bomben auch in den Gaza-Streifen ihre tödliche Fracht. Seit Juli sind dort 150 Palästinenser getötet worden. In der Nacht zum Donnerstag vergangener Woche drangen 50 israelische Panzer in den südl. Gaza-Abschnitt ein und töteten weitere 8 Palästinenser (SZ). Wo ist da der Aufschrei der sog. zivilisierten Welt?
Wieder müssen wir hilflos mit ansehen, wie ein schwaches Land, der Libanon, den Bombardierungen eines hochgerüsteten Landes ausgeliefert ist.
Fazit: immer mehr Nationen drängen nach einer eigenen atomaren Bewaffnung.
Wollen wir das? Nein und nochmals Nein. Wir waren immer konsequent gegen Atomwaffen und für eine allgemeine Abrüstung von angriffsfähigen Waffen. Aber deshalb muß unsere erste und dringlichste Forderung sein, daß diejenigen Regierungen, die über solche Waffen verfügen, sich an den Atomwaffensperrvertrag halten und diese Waffen vernichten.
Ich muß noch einmal zu den wahren Gründen für die israelische Aggression zurückkommen. Uri Avnery von der israelischen Friedensorganisation „Gush Shalom“ (Friedens-Block) sagt uns deutlich, daß es den USA und Israel darum geht, die Regime im Nahen Osten auszuwechseln in US-genehme Regime. Bisher ist das nur im IRAK gelungen, ebenfalls mit zwei schrecklichen Kriegen und einem im Lande entfachten Bürgerkrieg.
Jetzt sind die anderen Länder der Region dran. Deshalb werden sie zu „Schurkenstaaten“ erklärt und die Bevölkerungen zu Terroristen. Der Hintergrund ist: man will sich (und wollte schon immer) die Ressourcen-reichen Gebiete im Nahen und Mittleren Osten unter den Nagel reißen.
Hierzu ist ein Artikel des ehemaligen israelischen Botschafters von Israel in Deutschland (und jetziger Chef eines israelischen Think Tank) Avi Primor, in der SZ vom 1.8. sehr aufschlußreich.
Zunächst beginnt er natürlich mit der Lüge, am 12. Juli hätte die Hisbollah Israel überfallen. Mich erinnert das fatal an die deutsche Geschichte, als der Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen mit der Propagandaformel „Um 5.45 wird zurückgeschossen...“ die Zustimmung der deutschen Bevölkerung zum Krieg erwirkt wurde. In Israel ist die Kriegspropaganda nicht minder erfolgreich, wenn die Angaben stimmen, daß 80 % der israelischen Bevölkerung hinter ihrer Regierung und Generalität stünde. Von israelischen Friedensfreunden wird uns übermittelt, daß Bilder von den Verheerungen der israelischen Bombardements in Libanon nicht gezeigt werden, sondern nur die Einschläge der Hisbollah-Raketen in Nordisrael. Inzwischen wachen jedoch auch israelische Intellektuelle und Schriftsteller wie Amos Oz auf, wie heute den Rundfunknachrichten zu entnehmen ist.
Zurück zu dem Artikel von Avi Primor: Indem er aus dem Nähkästchen plaudert, teilt er uns mit, daß Israel und IRAN unter dem von den USA wieder eingesetzen Schah Reza Palevi keinerlei Probleme miteinander hatten, ja, daß Israel sogar behilflich war, den IRAN aufzurüsten. Das belegt denn auch unsere Feststellung, daß es nie um Religionen oder Ethnien ging oder geht, sondern immer nur um Machtstellungen zur Ausbeutung der Ressourcen. Denn , so kann man bei Avi Primor weiter lesen, ich zitiere wörtlich: „Sollte IRAN Länder wie den Irak, Saudi-Arabien und die Emirate am Persischen Golf auf die eine oder andere Weise in seine Gewalt bekommen, würde er über 57 Prozent der Erdölreserven der Welt herrschen.“ (Ende des Zitats) Das spricht für sich!
Aber der feine Diplomat und Strategie geht noch weiter: (Zitat) „Wissend, wie Russland schon heute die Welt mit seinen Energiereserven zu erpressen begonnen hat, sollte man eine Allianz der beiden Atom- und Energiemächte IRAN und Russland ernsthaft fürchten...“
(Ende des Zitats). Da wird doch gleich der nächste Gegner ins Visier genommen. Denn auch in Russland läuft es nicht ganz so wie erhofft mit der Privatisierung der Ölindustrie... Die Think Tanks in den USA werden sich da schon was einfallen lassen.
Liebe Friedensfreundinnen und –Freunde,
Libanon, die Schweiz des Nahen Ostens – nicht von ungefähr so bezeichnet. Mein Mann und ich waren vor zwei Monaten noch in diesem herrlichen Land, das sich nach 15 Jahren Bürgerkrieg und 18-jähriger israelischer Besatzung bis ins Jahr 2000 langsam wieder zu erholen begann.
Wir wohnten in einem Haus, „Dar-Assalam“ (Haus des Friedens) genannt, das jetzt keine Studienreisende, sondern Kriegsflüchtlinge beherbergt. Alle die historischen Stätten, die wir besucht haben, Beirut, Baalbek, Tyros sind schwerst beschädigt, die Menschen zu Flüchtlingen gemacht. Die alte phönizische Hafenstadt Tyros, vor wenigen Tagen noch eine Stadt mit 100.000 Einwohnern – jetzt sind dort noch 15.000 Menschen, so die Rundfunkmeldung vom Dienstag. Inzwischen werden auch die auf der Flucht sein. Tags darauf die nochmalige Bombardierung von Baalbek, und diesmal insbesondere das Krankenhaus.
Baalbek ist auch die Stätte mit den schönsten und besterhaltendsten Tempeln der Griechen und Römer. Wie Tyros Weltkulturerbe der UNESCO. Was kümmert das Israel? So wenig wie die USA das beim Irak, Wiege der Menschheit, gekümmert hat. Was kümmert Israels Generale die Umwelt, wenn 10 tausende Tonnen Erdöl das Mittelmehr langfristig verseuchen, weil sie die Kraftwerke des Libanon zerbomben. Hauptsache, die Stromversorgung wird eliminiert. Das nur als Nebenaspekt.
Liebe Friedensfreundinnen und –Freunde,
wir sind entsetzt über die Bestialität und Menschenverachtung der Generale und deren Befehlshaber in den politischen Chefetagen von Jerusalem und Washington.
Deshalb erneut unsere Forderungen:
Sofortiger Waffenstillstand und Rückzug Israels aus dem Libanon
Sofortige Verhandlungen über einen Gefangenaustausch
Rückzug Israels auf die Grenzen von 1967
Für einen lebensfähigen Palästinenserstaat
Rückkehr der Flüchtlinge entsprechend der UNO-Resolution 194
Israel raus aus dem Libanon und aus allen besetzten Gebieten
Das ist im Interesse der Israelis und der arabischen Bevölkerung!
Keine Stationierung einer internationalen sog. „robusten Schutztruppe“ im Südlibanon,
die das Geschäft der Israelis fortführt.
Ferner fordern wir die Vernichtung aller Atom- und anderen Angriffswaffen, sowie
eine Rücknahme der Äußerung des französischen Staatspräsidenten Chirac zu einem
evtl. Einsatz von Atomwaffen.
Diese Forderungen müssen wir vor allem zum Maßstab für das Agieren unserer eigenen Regierung machen. Denn nur auf diese haben wir allenfalls Einfluß.
Keine Kriege um Öl oder andere Energiequellen!
Wir wollen Frieden jetzt!
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